- 23. Oktober 2017
- Veröffentlicht durch: Baatz
- Kategorie: Allgemein
Der Beschluss des FG Hamburg zur Verfassungswidrigkeit des § 8c Satz 2 KStG in der Fassung des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 (jetzt § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG) liegt nun im Volltext vor.
Hintergrund: Mit Beschluss v. – 2 K 245/17 hat der 2. Senat des FG Hamburg das BVerfG zu der Frage angerufen, ob § 8c Satz 2 KStG in der Fassung des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 (jetzt § 8c Absatz 1 Satz 2 KStG) verfassungswidrig ist (s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 01.09.2017).
Sachverhalt: In der Sache ging es um eine Grundstücksentwicklungs-GmbH, die 2005 gegründet wurde und zunächst nur Verluste erwirtschaftete. 2006 teilte die Alleingesellschafterin ihren Anteil in zwei Teilgeschäftsanteile von nominell 20.000 € und 5.000 €, letzteren veräußerte sie sodann. Ende 2008 veräußerte sie auch den verbliebenen Geschäftsanteil von nominell 20.000 € an eine zum Konzern gehörige AG. In diesem Jahr erwirtschaftet die Gesellschaft auch erstmals Gewinne. Das FA versagte die begehrte Verlustberücksichtigung im Streitjahr 2008 unter Berufung auf den mit Wirkung vom eingeführten § 8c Satz 2 KStG. Die Klägerin hielt diese Verlustabzugsbeschränkung für verfassungswidrig.
Hierzu führten die Richter des FG Hamburg weiter aus:
- Vor dem Hintergrund der Entscheidung des , BGBl I 2017, 1289 zur Verfassungswidrigkeit von § 8c Satz 1 KStG erweist sich auch die Regelung in § 8c Satz 2 KStG, wonach der Verlustvortrag einer Kapitalgesellschaft vollständig wegfällt, wenn innerhalb von fünf Jahren mehr als 50 % der Anteile übertragen werden, als mit Art 3 GG nicht vereinbar.
- Satz 2 der Vorschrift verletzt – wie Satz 1- das sog. Trennungsprinzip.
- Für den Verlustuntergang wird auf die Ebene der Anteilseigner abgestellt. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Gesellschaft hängt aber nicht davon ab, wer Gesellschafter ist und wer sie kontrolliert.
- Eine Rechtfertigung hierfür hat der vorlegende Senat nicht erkennen können: Eine Verhinderung von missbräuchlichen Gestaltungen, wie bei den früheren sog. Mantelkauffällen, scheidet aus, weil die Regelung keine typischen Missbrauchsfälle erfasst, sondern auch den „Normalfall“ einer Anteilsübertragung und damit als allgemeiner Abzugsausschluss wirkt.
- Allein durch die Übertragung von mehr als 50 % der Anteile geht auch nicht typisierend die wirtschaftliche Identität verloren, die für eine Verlustnutzung stets erforderlich ist.
- Die unwiderlegbare Vermutung, dass bereits die Möglichkeit der Einflussnahme des Anteilserwerbers die Gesellschaft zu einer „anderen“ macht, ist nicht tragfähig. Angesichts der vielfältigen Gründe für eine Anteilsübertragung kann eine Veränderung der wirtschaftlichen Identität erst anhand der tatsächlich ergriffenen Maßnahmen der Gesellschafter beurteilt werden.
- Der Verzicht auf jegliche weitere Voraussetzungen, die an das Substrat der Gesellschaft, wie deren Betriebsvermögen und/oder den Unternehmensgegenstand anknüpfen, und das alleinige Abstellen auf die Übertragung von mehr als 50 % der Anteile verfehlt den Zweck der Regelung, Änderungen der wirtschaftlichen Identität zu erfassen.
Quelle: FG Hamburg, Pressemitteilung vom 18.10.2017 (il)
Schreibe einen Kommentar
Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.